Fachartikel von Marco Cereghetti und Alexandra Moser, Februar 2021

Führen auf Distanz – Wie Führung auch bei Home-Office gelingt

Das Coronavirus hat im vergangenen Jahr auch die Arbeitswelt ziemlich auf den Kopf gestellt. Schutzkonzepte erforderten neue Arbeitsformen und stellten insbesondere Führungskräfte teils vor grosse Herausforderungen. Wie aber kann Leadership auch während der aktuell herrschenden Home-Office-Pflicht wahrgenommen und umgesetzt werden? 

Jede fünfte Führungskraft war sich bereits vor Corona gewohnt, Teams auf Distanz zu führen. Sie haben Mitarbeitende an unterschiedlichen Standorten oder im Aussendienst und treffen diese physisch nur selten. Mit der aktuellen Home-Office-Pflicht änderte sich für diese Führungskräfte nur wenig und sie konnten teilweise auf Bewährtes zurückgreifen. 

Für Führungskräfte hingegen, welche bisher den täglichen Kontakt mit ihren Mitarbeitenden gewohnt waren und die Vorteile der Teamführung vor Ort nutzten, stellt mobiles Arbeiten eine erhebliche Herausforderung dar. Der persönliche Kontakt und die Nähe zu den Mitarbeitenden – zwei der wichtigsten Führungs-Elemente - sind ihnen mit der Home-Office-Pflicht weggebrochen. Und Führungskräfte, die nach dem Grundsatz «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser» führten, sind spätestens jetzt zum Umdenken gezwungen. Denn eines ist unbestritten: Home-Office gelingt vor allem auf Basis von Vertrauen. 

Folgende Massnahmen können für ein erfolgreiches Führen auf Distanz, also auch bei Home-Office, hilfreich sein:

1. Vertrauen ist gut, Kontrolle war gestern
Natürlich sollen und können Arbeitsresultate weiterhin mess- und kontrollierbar sein. Vertrauen lässt sich schaffen, indem Führungskräfte sich bei ihren Mitarbeitenden erkundigen, was diese im Home-Office benötigen, um ihre Arbeit gut erledigen zu können. Die Bedürfnisse von Mitarbeitenden sind ernst zu nehmen und individuelle Wünsche nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Vertrauensvoll führen bedeutet, die Mitarbeitenden als autonome und selbstständig agierende Menschen wahrzunehmen, die in der Lage sind, eigenständige Entscheidungen im Sinne des Unternehmens zu treffen.

2. Smalltalk-Meetings
Kurze und unverbindliche, virtuelle Team-Meetings können hilfreich sein, um den ungezwungenen Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden aufrechtzuerhalten. Die Teilnahme sollte nicht obligatorisch sein, denn diese Art von Austausch ersetzt den «Büro-Smalltalk» oder den Pausenraum. Wer zuvor bereits eine gemeinsame Kaffeepause hatte, kann dies online beibehalten. Hier steht der informelle und nicht der aufgabenbezogene, fachliche Austausch im Vordergrund. 

3. Digitale Kommunikation
Es benötigt Disziplin, direkte Gespräche oder Teamsitzungen nicht zu vernachlässigen und regelmäßig durchzuführen. Sich wiederholende, fixe Gespräche mit allen Mitarbeitenden sind ein Muss. Die Mitarbeitenden haben - vor allem im Home-Office - ein Bedürfnis nach Orientierung. Gemeinsame Absprachen, Ziele und Aufträge wie auch offene Gespräche über persönliche Fragen und Themen müssen Platz haben.

Beziehungspflege erfordert in hohem Masse einen regelmäßigen Austausch, die Kommunikation auf Augenhöhe ist unverzichtbar.

4. Führungsmethode – Auge in Auge
Die Koordination von Arbeitsprozessen und die Zusammenarbeit im Team ist für Teams im Home-Office erschwert. Daher kommen Führungskräften beim Führen auf Distanz vor allem koordinierende und delegierende Aufgaben zu. 

Die Führungsmethode „Management by Exception“ gewinnt an Bedeutung. Solange alles klar und planmäßig läuft, steuern sich die Mitarbeitenden selbst. Erst wenn es unerwartete Entwicklungen, Störungen oder neue Situationen gibt, setzen sich Mitarbeitende mit den Vorgesetzten in Verbindung. Gemeinsam wird dann die Lage beraten und nach Lösungen gesucht.

5. Erreichbarkeit – Arbeitszeit
Führungskräfte sollten mit besonderem Augenmerk auf die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden achten. Im Home-Office dehnen Mitarbeitende oft stark die Arbeitszeiten aus, verpassen die Mittagespause oder arbeiten trotz Krankheit weiter. Umso wichtiger ist es, dieses Verhalten den Mitarbeitenden bewusst zu machen. Dabei sollten Vorgesetzte immer daran denken, dass sie auch eine Vorbildfunktion haben. 

6. Empathie-Antennen
Home-Office bedingt ein hohes Mass an mentaler Beweglichkeit, Disziplin, Strukturierung und Selbstmanagement, was zu einer mentalen Überforderung führen kann. Führungskräfte sind gut beraten, wenn sie die Befindlichkeit jedes einzelnen Mitarbeitenden im Einzelmeeting abholen. Zudem sollten sie noch mehr als sonst auf ihre Wortwahl, ihr Verhalten und ihre Kommunikation ganz allgemein achten. Stellen Vorgesetzte bei ihren Mitarbeitenden Abweichungen im Verhalten fest, so müssen diese angesprochen werden. Führungskräfte sollen zuhören, ihre Mitarbeitenden ernst nehmen und für sie da sein.

Führungskräften, welchen es in der aktuellen Arbeitssituation gelingt, Motivation, Zufriedenheit, Produktivität und Leistungskultur mit Home-Office und räumlicher Distanz in Einklang zu bringen, leisten einen wichtigen Beitrag zur erfolgreichen Bewältigung dieser Krise. Ausserdem tragen sie dazu bei, langfristigen Mehrwert zu schaffen.

In Anbetracht der erhöhten, psychischen Belastung der Mitarbeitenden im Home-Office, gewinnt die gesundheitsfördernde Führung auf Distanz zusätzlich an Bedeutung. Eine Umfrage der Universität Basel zeigt, dass der Anteil Personen mit depressiven Symptomen seit Frühjahr 2020 von 9% auf 18% gestiegen ist. Eine weltweite Studie mit Beteiligung der Universität Zürich untersuchte unter anderem die Entwicklung der Symptome von psychisch Erkrankten während der ersten Corona-Welle. Demnach berichten zwei Drittel der Frauen und rund die Hälfte der Männer von zunehmenden, depressiven Symptomen. 

Die erwähnten Massnahmen bieten Führungskräften Möglichkeiten, Belastungen bei Mitarbeitenden während Home-Office-Phasen zu erkennen. Es erfordert aber gewiss ein gezielteres Nachfragen und Vorfühlen, da die Körpersprache und der physische Kontakt fehlen. 

Wir von elipsLife sind uns der akzentuierten Problematik und der Zusammenhänge von Führung auf Distanz und gesundheitsfördernder Führung bewusst. Deshalb unterstützen wir unsere Kunden und deren Führungskräfte mit entsprechenden Trainings und Workshops.

 

Autoren:

  • Marco Cereghetti, Corporate Health & Case Manager elipsLife CH/LI
  • Alexandra Moser, Head Care Management CH/LI

Fachartikel «Führen auf Distanz – Wie Führung auch bei Home-Office gelingt»

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